Beatstreet: Grafitti auf dem Scheunenboden am 21. Juni 1987

Seltsame Turnschuhe, Schallplattenspieler als Musikinstrumente, Robotertanz… das alles gab es nicht. Zumindest nicht bis ein Film mir eine ganze Welt öffnete. Es gehörte wohl in der DDR der 80er Jahre dazu, dass der Blick auf der Suche nach Jugendkultur gen Westen gerichtet war. Bei mir und meinen Freunden zumindest warVollständigen Beitrag lesenBeatstreet: Grafitti auf dem Scheunenboden am 21. Juni 1987

In eigener Sache: Podcasts raus – Geschichten rein

Es sind jetzt 20 Monate. 20 Monate Funkhaus statt Straße, Sendepläne statt Podcast-Skripte. Der neue Job in der Kulturredaktion mit Schwerpunkt Plattdeutsch hat mein Leben gehörig verändert. Klar gibt es hier und da ein weinendes Auge, aber im Ganzen – alles gut. Der letzte Podcast, den ich noch regelmäßig gemeinsamVollständigen Beitrag lesenIn eigener Sache: Podcasts raus – Geschichten rein

Im Theater: Wer ist Gerda? oder Wie ich nach Hause ging

Was genau ist da passiert? Als ich dem Blick des Mädchens standhalten wollte, im schmuddeligen Pförtnerhäuschen mit den 60er-Jahre-Gardinen. Da in diesem Kellerzimmer, als mir der Mann mit Hut ein Kleid, ganz silbern, versprach? Als ich im Zimmer, das braun und beige mich empfing, der Frau gegenüber saß, die erklärte ihren Unterleib entfernen zu wollen, was in der Säulenhalle bei diesem zornigen Jungen, was beim Blick in den Spiegel im Fahrstuhl, als ein Lied mich zu Tränen rührte. Was genau ist da passiert. Mit mir? Warum war, warum bin ich glücklich an den Tagen danach?

Die Antwort meiner klugen Frau: weil ich gespielt habe, ohne Probe, wie ein neugierig in eine neue Welt geworfenes Kind, in aller Leichtigkeit, mit einer ungewohnten Nähe zu mir fremden Mitspielern, die mit mir und für mich da sein wollten an diesem Abend. … Vollständigen Beitrag lesenIm Theater: Wer ist Gerda? oder Wie ich nach Hause ging

Neue Lieder auf Plattdeutsch Teil 5/5: Ik heff ehr verklort

Wann haben Sie zuletzt „Klugscheißerin“ gesagt? Also explizit eine Frau des Klugscheißens bezichtigt? Ich kann mich nicht erinnern, je die weibliche Form für dieses Wort genutzt zu haben. Das kann jetzt viele Gründe haben, aber für die Dramaturgie dieses Beitrags passt es gut, wenn wir uns darauf einigen, dass Männer einfach öfter besserwissen und klugscheißen, als Frauen. Und mit so einem Mann haben wir es in diesem Lied zu tun. Sie reist nach Mali – er klärt sie darüber auf, wie es da in Wahrheit so läuft, das hat er nämlich gelesen, irgendwo. Sie ist Musikexpertin mit Schwerpunkt Zappa? Er weiß genau, warum Zappa überschätzt wird, hat er nämlich gehört, von jemandem… Sie fällt Bäume und schaut gequält dabei – er rät, mal wieder zu lächeln, denn dann geht alles leichter. Naja… so ein Verhalten muss bestraft werden, ob es dabei allerdings bei der Droh-Geste bleibt, oder die Axt tatsächlich zum Einsatz kommt: wir wissen es nicht. … Vollständigen Beitrag lesenNeue Lieder auf Plattdeutsch Teil 5/5: Ik heff ehr verklort

Neue Lieder auf Plattdeutsch Teil 4/5: De letzt´ grote Swienfisch

Was wäre, wenn eine seltsame, geheime Macht unser Tun steuert?

Ja, ähem… nein. Quatsch. Unfug. Spökenkiekerei… Ich muss zugeben, das ist noch nicht einmal eine rhetorische Frage… mehr so Clickbait, um Sie, liebe Leserin, lieber Leser, zum Dranbleiben zu motivieren… Denn um eine kleine Spottgeschichte, die den Aberglauben auf die Schippe nimmt, geht es in diesem Text:

Krischan kann nicht raus zum Segeln, sein Steuer ist kaputt. Sein Glück, denn an diesem Tag sterben zwei Brüder in den Wellen, es trifft Krischans Segelkumpane, mit denen er sich manch Wettrennen geliefert hat. Und weil im Dorf der Glauben spukt von einem riesenhaften Schweinswal, der denen, die ihn sehen Gutes zukommen lässt, und die bestraft, die Böses tun, sind auch in dieser Sache die Dorfbewohner gewillt zu glauben, es müsse der Schweinswal gewesen sein, der das Steuer zerstört und damit Krischan das Leben gerettet hat. Schließlich ist Krischan kurz danach Vater geworden… So einen lässt man doch am Leben, schon des Kindes wegen… Doch warum mussten dann die Brüder sterben? Haben sie vielleicht etwas Furchtbares getan, so dass ihre Schuld gesühnt werden musste? Das alles fragen sich die Leute im Dorf an der Küste und sind gänzlich verwirrt, als etwas später Krischan Frau und Kind verlässt – sich aber herausstellt, dass die Brüder wahre Gönner waren… Wenn nun aber der Böse gerettet wird und die Guten nicht… was wohl hat sich der Schweinswal dann dabei gedacht? … Vollständigen Beitrag lesenNeue Lieder auf Plattdeutsch Teil 4/5: De letzt´ grote Swienfisch

Neue Lieder auf Plattdeutsch Teil 3/5: Let the Schuen´boehn burn

Als Kind hab ich viel Zeit in der Werkstatt meines Großvaters verbracht. Hier hatte alles seinen Platz, ohne dass es dort je aufgeräumt gewesen wäre. Aber in dem vermeintlichen Chaos fand sich eben alles, was nötig ist, um Puppenhäuser zu bauen, eine Garage zu entwässern oder Traktorreifen zu wechseln. Als mein Großvater dann starb, wurde all das für ein paar Jahre zu einem kleinen Museum, zu einem Erinnerungsort. Und schon immer hab ich drüber nachgedacht, darüber zu schreiben: wie jeder Gegenstand ein Stück von dem Menschen in sich trägt, der ihn einmal angeschafft und dann lange benutzt hat. Und natürlich über dieses seltsam ambivalente Verhältnis, das ich als Nachkomme nun zu all dem habe. Weil es die Sachen meines Großvaters waren, lag es nicht an mir zu entscheiden, was mit all dem wird und ich bin froh darüber, ich hab das Taschenmesser meines Opas und das ist gut so. Doch was wäre wenn… … Vollständigen Beitrag lesenNeue Lieder auf Plattdeutsch Teil 3/5: Let the Schuen´boehn burn

Neue Lieder auf Plattdeutsch Teil 2/5: Dat rüückt schnåksch.

Klebrig… das ist ein Wort, das ich abseits der eigentlichen Bedeutung immer mehr nutze, wenn ich beschreiben will, dass es im Handeln oder im Denken eines anderen irgendwie seltsam zugeht. Wenn einer zum Beispiel herumläuft mit der These, man könne dies oder jenes ja gar nicht mehr sagen, dann aber seine These, dass man ja dies oder jenes gar nicht mehr sagen könne, überall breit tritt – in der Zeitung, im Fernsehen, in Büchern – und sich entweder dabei gar nicht bewusst ist, was er da für einen Unsinn verzapft, oder einfach nur Kasse machen will. Oder, viel schlimmer, den Diskurs aus Angst vor Widerspruch ideologisch so beeinflussen will, dass Leute am Ende wirklich glauben, es gäbe Rede- oder Denkverbote. Das ist klebrig und wer sich mit solchen Leuten gemein macht, der macht sich schmutzig. Wir müssen das hier nicht ausdiskutieren, aber vielleicht können wir uns darauf einigen, dass es immer gut ist, sich einer Diskussion zu stellen, besser jedenfalls, als stattdessen von Denk- oder Redeverboten zu fantasieren. Und darauf, dass es absurd ist, öffentlich in allen Medien die Sachen zu sagen, von denen man behauptet, sie nicht mehr sagen zu dürfen. … Vollständigen Beitrag lesenNeue Lieder auf Plattdeutsch Teil 2/5: Dat rüückt schnåksch.

Neue Lieder auf Plattdeutsch Teil 1/5: De lütt dreieckig’ Diern

Als die „Lieder für Frieda“ entstanden sind, im Winter 2019/2020, war das, wie eine Sprachlosigkeit zu überwinden. Ich war mir sicher – und bin es immer noch – dass das letzte, was diese Welt braucht, noch ein mittelalter Sänger ist. Aber: vielleicht braucht Frieda ein paar Lieder auf den Weg. Und dann hab ich losgeschrieben und ein Lied sollte ein Spiel mit der Perspektive sein.

Beim Song „Ein dreieckiges Mädchen“, wollte ich den Blick lenken vom großen blauen Ball im All bis hinunter unters Bett, dorthin, wo in einer Schachtel unter Staub eine Blatt Papier liegt. Und darauf, wohl gemalt von einem Kind, ein dreieckiges Mädchen, das schwebt. Wer je ein Kind hat ein Mädchen im Kleid malen sehen weiß, was es mit dem Dreieck auf sich hat. Und in der zweiten Strophe dann geht die wilde Fahrt der Perspektive weiter: das gezeichnete Kind hält – wie einen Luftballon womöglich – einen blauen Ball im All… … Vollständigen Beitrag lesenNeue Lieder auf Plattdeutsch Teil 1/5: De lütt dreieckig’ Diern

Zurück in die Zukunft: thom* liehrt Platt

Ich bin ungeduldig. Sehr, sehr ungeduldig. Ich möchte in Monaten nachholen, was ich in Jahrzehnten versäumt hab. Ich möchte eine Sprache wiederfinden. Eine Sprache, die mich schon immer begleitet hat, die aber zu sprechen ich einerseits nie gefordert war und mir andererseits selbst nicht in den Sinn gekommen ist. Bis jetzt.

Vaddern ist der letzte plattdeutsche Muttersprachler in meiner Familie, doch war und ist er weder Platt-Aktivist noch Pädagoge und ließ deshalb mich unbehelligt mit seiner Sprache. Und auch ihm tönen, davon gehe ich aus, noch heute die Sätze seiner Kindheit im Ohr: Sprich Hochdeutsch. Sonst wirst Du nichts, hieß es da. Vaddern sprach Hochdeutsch und wurde etwas. Und seine Mutter, sein Vater, Bauern ohne Scholle, haben sicher auch immer wieder gehört: Sprecht Hochdeutsch mit den Kindern, sonst kommen sie in der Schule nicht mit, sonst werden sie für schlicht im Geiste gehalten. Das war so nicht nur im Dorf am Ende der Straße, sondern in Ost und West, hab ich gelernt.
Vollständigen Beitrag lesenZurück in die Zukunft: thom* liehrt Platt

24 Häkchen auf der Liste – der Adventskalender bei Instagram

Sie können es ruhig zugeben… auch in Ihrem Hinterkopf schlummert eine kleine Liste der Dinge, die Sie gern noch riechen, lieben, hören, fühlen, anschauen oder durchleben wollen. Als in The Cure verliebtes Jüngelchen zum Beispiel wollte ich unbedingt Big Ben schlagen hören, den Tower, die Themse sehen. Ging dann relativ schnell, weil: Grenze offen. Häkchen dran. Für den Adventskalender hab ich die Sache umgedreht.

24 Häkchen auf der Liste – das ist ein Adventskalender mit Geschichten, die mir passiert sind, oder passiert sein könnten, 24 Mini-Anekdoten die Ereignisse beschreiben, die ich nie geplant hatte, die aber nun als abgehakt auf einer Liste stehen könnten, die es nicht gibt. Die 24 Intros für die winzigen Texte sind zusammengestellt aus Fotos der vergangenen zehn Jahre – der Algorithmus hat mir dafür rund 1.500 Fotos herausgesucht, die entweder Selfies sind, oder auf denen ich erkannt wurde. … Vollständigen Beitrag lesen24 Häkchen auf der Liste – der Adventskalender bei Instagram