Eine Schwärmerei: Das Windros-Festival in Schwerin-Mueß

Na das tat der digital dauerbedampften Seele mal so richtig gut: Leute, die Musik machen ohne Faxen. Auf einem Festival. Also auch mit Faxen, das war ja alles andere als humorlos, aber eben ohne viel Strom in der Signalkette. Folk im weitesten Sinne. Und Leute, die dazu tanzen – Tänze. Miteinander. Wie früher.

Auf den Bühnen: Gitarren, Mandolinen, Flöten, Bässe, Saxophone, Mandolas, Zittern, Violinen, Trommeln, Maultrommeln, Sackpfeifen, Tamborins, bezaubernde Stimmen, berührende Texte und vor den Bühnen ein Publikum, das jeden Klang, jedes Wort aufsaugt. Und in Bewegung verwandelt. Wahrscheinlich hätte sich der Strombedarf dieses Festivals allein mit der Bewegungsenergie der Tanzenden decken lassen, wenn jemand entsprechende Apparaturen parat gehabt hätte.

Ich war auf dem Windros-Festival hier bei mir vor der Haustür ums Eck, in Schwerin Mueß. Und ich bin schockverliebt. In mein Publikum sowieso, die Leute, die am Sonnabendabend sich in die Scheune gesetzt haben, vor meine Bühne für 55 Minuten, die waren fröhlich und konnten tolle Geräusche machen, die haben an den richtigen Stellen gelacht und waren ganz still, wenns mal so gar nicht zum Lachen war. Die haben sich auf das Plattdeutsche als Sprache für mehr oder weniger moderne Texte eingelassen und wer nichts verstanden hat, hat zumindest nicht geschimpft. Alle so aufmerksam, so wertschätzend. Hätte ich mir nicht schöner wünschen können. Dazu die Betreuung an der Bühne – Thomas von der Familie Gerstenberg war ein perfekter Gastgeber, hat erst mir ein bisschen Lampenfieber weggeplaudert und am Morgen danach hat er mich begleitet für einen Song bei der Matinee. Und selbst noch gespielt. In wunderbar wechselnden Besetzungen. Unter anderem mit Frau Luck, die einzigartig in der Lage ist, das Raum-Zeit-Kontinuum derart zu bearbeiten, dass kein Tag je wirklich beginnt.

Sie können zurecht annehmen, dass der Eindruck des eigenen Konzerts, dieser Uraufführung, die Sinne mir vernebelt hat. Doch am Sonnabendabend etwas später wars dann schon so, dass ich mir hier erlaube, das fast immer unpassende Wort „magisch“ ins Spiel zu bringen: Eine stilvolle Bühne zwischen Reetdächern, Holz halbrund zum Dach geformt, von weißem Tuch umspannt, darunter ein Ensemble aus Musikern aus halb Europa, davor die Tänzer, drumrum die Bezauberten. Feines Licht, die Luft warm noch, aber eben so sommerabendlichnachdemdunkelwerdenwarm, Kinder sausen durch Beinpaare, andere verleiern schon die müden Augen, Verliebte träumen Arm in Arm… ein großer Halbkreis voll kleinem Glück für diesen Moment und den nächsten.

Das Windros-Festival hatte natürlich soviel mehr zu bieten, als ich überhaupt wahrnehmen konnte. Das Essen auf dem Gelände soll prima gewesen sein, Backstage war ein heimeliger, kommunikativer Ort – auch hier ist die Verpflegung über den grünen Klee gelobt worden. Das Freilichtmuseum ist ein perfekter Ort für sowas – überall Reet, überall Obstbäume, die Schatten spenden, der See ganz nah, die interne Feier der Musikerinnen und Musiker muss ebenfalls unfassbar gut gewesen sein.

Die Matinee zum Schluss jedenfalls, Sonntag um 11 Uhr, die hat noch einmal einen Teil dessen gezeigt, was das Festival musikalisch ausgemacht hat und das war toll. Fein moderiert, ohne lange Umbaupausen, vielfältig, fröhlich. Stimmung auf den Plätzen, auf dem Rasen, unter den Bäumen und auf dem Tanzboden: siehe oben.

Hier könnten Sie jetzt, liebe Leserin, lieber Leser, einen schlauen Schlusssatz einfügen. Ich hab genug geschwärmt. Eins vielleicht noch: ich hab echt unter einer Wurzel gelebt, dass ich das Windros erst jetzt in voller Schönheit entdeckt hab.

Und wenn Sie gucken wollen, ob ich übertreibe: im kommenden Jahr gibts wieder ein Windros-Festival – am Wochenende 13./14. September.

Windros-Impressionen / Foto: Volker Janke
Windros-Impressionen / Foto: Volker Janke
Windros-Impressionen / Foto: Volker Janke
Windros-Impressionen / Foto: Volker Janke
Windros-Impressionen / Foto: Volker Janke

2 thoughts on “Eine Schwärmerei: Das Windros-Festival in Schwerin-Mueß

  1. Sylvia Wegener says:

    Ich konnte dieses Jahr leider nicht dabei sein weiss aber, wie schön dad ist. Und Thomas … du siehst, es gibt immer wieder was Neues zu entdecken.

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  2. Lüül says:

    Schöner Artikel, ich war auch ganz beseelt von der tollen Atmosphäre und dem Zusammenspiel von Musikern und Publikum und froh, mit meinen Liedern auch einen Teil dazu beitragen konnte.

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